Im Zuge der Europäisierung und Internationalisierung Deutschlands ist das auf dessen Territorium geltende öffentliche Recht nicht mehr allein im Lichte eines Staatsrechts vom Grundgesetz aus zu erschließen, sondern unter Einbeziehung des Unionsrechts, des Völkerrechts und rechtsvergleichender Erkenntnisse, insbesondere aus dem Kontext des europäischen Rechtsraums. Dies modifiziert den Anwendungsbereich der Grundprinzipien des GG und wirkt auf ihre Bedeutung ein. Ihre Auslegung und Fortentwicklung ist supranational, international und rechtsvergleichend einzubetten.
Die deutschen, supranationalen und internationalen Institutionen sind nicht als Organe eines übergreifenden, gemeinsamen Verbands zu begreifen. Gleichwohl sind aufgrund der Europäisierung und Internationalisierung Deutschlands die staatlichen, supranationalen und internationalen Hoheitsträger inzwischen so eng verknüpft, daß die Legitimation in Deutschland wirksamer öffentlicher Gewalt oft nur noch im Gesamtkontext zu ermitteln ist. Legitimationsprobleme eines Hoheitsträgers beschädigen die Legitimation der Entscheidungen anderer Hoheitsträger. Prinzipientreue wird damit zu einer Angelegenheit von gemeinsamem Interesse.