Berliner Seminar Recht im Kontext
Mon 11 Nov 2013 | 18:00–20:00

Die Verantwortlichkeit von Gesellschaftsorganen – Reprogrammierung der Organhaftung zur Förderung sozial erwünschten Verhaltens

Gerhard Wagner

Wissenschaftskolleg zu Berlin, Villa Jaffé, Wallotstr. 10, 14193 Berlin

Wirtschaftsunternehmen werden in der Regel in der Form von Kapitalgesellschaften geführt, die ihrerseits von Gesellschaftsorganen – Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat –  gesteuert werden. An den wirtschaftlichen Folgen dieser Entscheidungen partizipieren die Leitungsorgane persönlich nicht, d.h. Gewinne und Verluste werden (allein) von der Gesellschaft internalisiert. Dieser international anerkannte Grundsatz ist in den vergangenen Jahrzehnten in der Praxis insoweit aufgeweicht worden, als Leitungsorgane zunehmend an für das Unternehmen positiven Ergebnissen beteiligt wurden, und zwar in Gestalt erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteile (Boni). Darin wird eine der Ursachen für die erste Finanzkrise gesehen.

Das komplementäre Instrument zu positiven Anreizen in Gestalt erfolgsabhängiger Vergütungsbestandteile ist die Beteiligung von Leitungsorganen an den negativen Folgen unternehmensbezogener Entscheidungen, und zwar durch Haftung auf Schadensersatz. Diese steht jedoch unter dem Paradigma des Kompensationsprinzips – sie wird auf das Ziel bezogen, von dem Unternehmen erlittene Schäden auszugleichen, und sie funktioniert in der Praxis nur mangelhaft. Die Bundesregierung hatte im Jahr 2008 angekündigt, die Haftung reformieren zu wollen, die Gesetzeslage ist jedoch unverändert geblieben.

Der angekündigte Vortrag unternimmt den Versuch, die Organhaftung konsequent auf die Funktion der Verhaltenssteuerung auszurichten. Dabei geht es um folgende Fragen: Wie müsste ein Haftungstatbestand ausgestaltet sein, dem es primär um die Förderung sozial erwünschten Verhaltens geht? In welchem Umfang ist ein Leitungsorgan zum Schadenersatz heranzuziehen, wenn seine Entscheidungen zwar in die sozial erwünschte Richtung gelenkt, Anreize zu übertrieben-risikoaversen Entscheidungen jedoch vermieden werden sollen? Und schließlich: Welche Durchsetzungsmechanismen sind erforderlich, damit das juristische Steuerungsprogramm auch in der Praxis wirkt?

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